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Gemüse züchten ist (nahezu) überall möglich, sogar oberhalb des Polarkreises

Dank technischer Errungenschaften können wir fast überall Gemüse anbauen, sogar im eiskalten Winter von Norwegen oder Alaska. Oder in der unglaublich heißen Wüste von Südaustralien, darüber haben wir in der letzten Edition von telen&trends bereits geschrieben. Die Hydrokultur im Meer könnte durchaus die nächste große Herausforderung für Gemüseanbauer werden.

Eine der Züchtereien, die das ganze Jahr über mit extremen Witterungsbedingungen zu ‚dealen‘ hat, ist Viken Gartneri infrosta, 80 Kilometer nördlich von Trondheim (Norwegen). Jonas und seine Frau Ragnhild bauen dort mit dreizehn Mitarbeitern 30 Sorten Kräuter i Töpfen und zwei Salatsorten auf Wasser an, in einem gläsernen Gewächshaus mit einer Fläche von 13.000 m2. Die Außentemperaturen variieren von mehr als 25 Grad Celsius im Sommer bis zu minus 25 Grad Celsius im Winter. „Für uns ist der Wechsel der Jahreszeiten die größte Herausforderung. Im Winter gibt es hier so gut wie gar kein Sonnenlicht, wohingegen wir im Sommer 20 Stunden Sonnenlicht pro Tag haben. Die Luftfeuchtigkeit ist hier eine weitere Herausforderung, aufgrund der großen Mengen Regen und Schnee. Und der Wind kann hier auch ganz schön heftig wehen und das Gewächshaus beschädigen“, sagt Jonas.

Anbau in einem Fjord

Das High-Tech Gewächshaus liegt auf einer Insel in einem Fjord, wodurch das extreme Klima etwas gemildert wird. Die Lage führt auch zu einer höheren Lichtleistung. Im Frühling bietet der Schnee zusätzliche Lichtreflektion, fügt Ragnhild hinzu, was eine neue Herausforderung darstellt. Die Klimakontrolle im Gewächshaus, das von einem dänischen Unternehmen gebaut wurde, erfolgt mithilfe von Doppelverglasung, einem doppelten Klimaschirm und einem finnischen Computer. Die Klimaschirme bleiben im Winter komplett zugezogen. Sie werden nur gelegentlich einen Spalt geöffnet, um Feuchtigkeit entweichen zu lassen, und die Assimilationsbeleuchtung hält dann die Temperatur im Gewächshaus aufrecht. Trotz der Herausforderungen gelingt es Viken Gartneri, hochwertige Erzeugnisse anzubauen, die an Norgesgruppen und Bama in Mittel- und Nordnorwegen verkauft werden. Die Kunden verlangen nicht nur hohe Qualität, sondern eine auch schnelle Lieferung, sagt Ragnhild. „Wir arbeiten hart, um zu gewährleisten, dass wir in unserem Verkaufsgebiet der begehrteste Produzent von Salat und Kräutern bleiben. Wir nehmen auch an Studien nach neuen Food-Trends sowie der Entwicklung von Anbaumethoden teil.“

Anbau oberhalb des Polarkreises

In Kotzebue, in Nordwestalaska, wird das ganze Jahr über Gemüse in einem 12 Meter langen Kühlcontainer angebaut. In dem Container werden auf Wochenbasis mehrere Sorten Kräuter und Salat geerntet. Hier wird auch mit Grünkohl experimentiert. In dem Container werden LED-Leuchten eingesetzt, welche die Rolle der Sonne übernehmen. Die neue Anbaumethode für Gemüse wird von den nahezu 3.300 Einwohnern der kleinen Stadt als ein großer Erfolg betrachtet. Es dauert häufig zwei bis drei Wochen, bis frisch geerntetes Gemüse seinen Weg in die lokalen Supermärkte findet. Das Gemüse wird aus den südlicheren Regionen in Alaska, mehr als 1.000 Kilometer entfernt, eingeflogen. Dadurch kostet ein frischer Kopf Römersalat im Laden bis zu $8. „Das Projekt ist ein Riesenerfolg“, sagt Joe Car, der einzige professionelle Gemüseanbauer im Polarkreis. „Jede Woche ernten wir 450 Pflanzen und diese sind enorm beliebt. Bevor wir ins Geschäft kamen, waren frisches Gemüse und Kräuter von schlechter Qualität und einfach zu teuer, oder beides.“

Profitabilität als eine Herausforderung

Kikiktagruk Inupiat Corporation, die Muttergesellschaft von Arctic Greens, beabsichtigt, in ganz Alaska Container für den vertikalen Anbau von Gemüse aufzustellen. Nicht nur, um die lokale Bevölkerung mit frischen Lebensmitteln zu versorgen, sondern auch, um Jobs zu kreieren. Eine der größten Herausforderungen sind dabei die Kosten. Die Investitionskosten für das Projekt in Kotzebue betrugen mehr als 180.000 Euro. Die größte Aufwendung ist die für Elektrizität, die mit Dieselmotoren erzeugt wird. Mit acht Stunden künstlicher Beleuchtung und 24 Stunden Beheizung pro Tag verschlingt das Hydrokultursystem Elektrizität, die in Kotzebue, wie überall in Alaska, teuer ist. Unter anderem sind dadurch die Preise für vertikal angebautes Gemüse denen des importierten Gemüses gleichwertig. Und infolge dessen suchen Unternehmer nach neuen Methoden zur Senkung ihrer Energiekosten, z.B. durch den Einsatz von Windenergie oder Solarpanelen.

 

Unterwasseranbau

Die Hydrokultur im Meer könnte durchaus die nächste große Herausforderung für Gemüseanbauer werden. Die Ocean Reef Group hat vor der Küste von Noli (Italien) fünf Jahre lang mit dem Anbau von Gemüse unterhalb des Meeresspiegels experimentiert, wobei kleine, transparente Ballons eingesetzt wurden. Die Ballons wurden seitdem durch rigide Acrylbiosphären mit einem Durchmesser von zwei Metern ausgetauscht. Die Kapseln aus der Gärtnerei - mit dem Namen Nemo‘s Garden - wurden auf dem Meeresboden verankert. Die Biosphären sind mit Sensoren, fernbedienten Ventilatoren, Kameras, Wi-Fi und Intercom ausgerüstet. Dadurch, dass sie Licht durchlassen, steigt die Temperatur in den Kapseln und die Pflanzen bekommen frisches Wasser, das aus dem Meereswasser verdampft und an den Wänden der Kapseln kondensiert. Pestizide sind nicht erforderlich. Auch der Energie- und Wasserverbrauch ist minimal. Die Pflanzen werden von Tauchern geerntet, die regelmäßig die Pflanzen und Systeme kontrollieren. Inzwischen hat man Erfahrungen mit 30 Pflanzen gesammelt, u.a. Tomaten, Basilikum, Salat und Kohl.

Kas Magazine

www.kasmagazine.com

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